Auf Grund des § 24 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (GemO) in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 153), zuletzt geändert durch Gesetz (Artikel 1 und 4) vom 17. Dezember 2020 (GVBl. S. 728) und des § 88 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 153), zuletzt geändert durch Gesetz (Artikel 1) vom 03. Februar 2021 (GVBl. S. 66) hat der Gemeinderat in der Sitzung am 14.12.2021 folgende Satzung beschlossen.
Präambel und Beschreibung des Ortsbildes (Ortsgrundriss und Silhouette)
Aufbau
§ 1 Räumlicher Geltungsbereich
§ 2 Sachlicher Geltungsbereich
§ 3 Anforderungen an Fassaden
3.1 Abstandsflächen
3.2 Wärmedämmung
3.3 Fassaden-Material
3.4 Fassaden-Farbe
3.5 Abriss von Gebäuden
§ 4 Anforderungen an Dächer
4.1 Dachform
4.2 Dachneigung
4.3 Material
4.4 Farbe
4.5 Gauben und Dacheinschnitte
§ 5 Anforderungen an Einfriedungen und Abgrenzungen
5.1 Art der Einfriedungen
5.2 Tore, Torhäuser, Garagen- und Hoftore
§ 6 Werbeanlagen
6.1 Anbringung der Werbeanlagen
6.2 Gestaltung der Werbeanlagen
6.3 Genehmigungspflicht der Werbeanlagen
§ 7 Außenanlagen
Gestaltung der Grundstücksflächen
§ 8 Verkaufs- und Spielautomaten
§ 9 Sonderanlagen
9.1 Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie
9.2 Außenantennen
§ 10 Genehmigungspflicht und Antragsverfahren
§ 11 Ordnungswidrigkeiten
§ 12 Inkrafttreten
Anlage 1
Das typische, historisch entstandene Ortsbild der Ortsgemeinde Siebeldingen ist in seinen Grundzügen aufgrund der unverwechselbaren, baulichen und gestalterischen Merkmale erhaltenswert und soll aus diesem Grund geschützt und entwickelt werden. Dabei tragen die Elemente, wie die organisch gewachsene Struktur der Straßen- und Platzräume, die Stellung der baulichen Anlagen, die Proportionen, die Dachlandschaft und die Fassadengestaltung zum unverkennbaren Ortsbild von Siebeldingen bei. Um das historische Ortsbild weiterhin zu erhalten und zu entwickeln, müssen sich Neubauten und bauliche Veränderungen, insbesondere hinsichtlich der Gebäude- und Dachform, Größe und Proportionen, Ausbildung der Wandflächen einschließlich Reliefbildung, Öffnungen und Gliederung sowie Konstruktionsbild, Material, Oberflächenwirkung und Farbe in das Straßenund Ortsbild einfügen, ohne dass die gestalterische Individualität verloren geht. Bauteile von denkmalpflegerischer, wissenschaftlicher, künstlerischer, handwerklicher oder heimatgeschichtlicher Bedeutung, wie insbesondere gestaltete Gebäudefronten (Fassaden mit Sandsteinarbeiten, Fachwerkteile, Stufen und Außentreppen, Türrahmen, Torbögen, Türblätter und Tore), Erker, Gauben, Gewände, Konsolen und Gesimse, Wappen und Schlusssteine, Inschriften und ähnliches sollen an Ort und Stelle sichtbar belassen und instand- gehalten werden.
Siebeldingen liegt am Haardtrand des Pfälzer Waldes sowie im Queichtal in der Übergangszone Pfälzer Wald/Rheinebene. Im Bogen führt die Weinstraße vom Norden über die Queich und verläuft parallel zum Bachlauf nach Westen. Nach Osten verläuft von der Ortsmitte die Bismarckstraße. Der Ortskern mit haufendorfähnlicher Struktur ist bestimmt durch die Simultankirche St. Quintin mit Turm und Kirchenschiff von 1300 und 1571, dem historischen Rathaus aus dem Spätbarock (2. Hälfte 18. Jhd.), dem Schulhaus mit Sandsteinfassade (Gründerzeit 1889) sowie zahlreichen fränkischen Gehöften mit giebel- und traufständigen Wohngebäuden und zahlreichen, noch das Ortsbild beherrschenden Scheunenreihen. Die Wein- und Bismarckstraße gabeln sich vom Ortskern straßendorfartig nach Norden, Osten und Westen. Die Bausubstanz stammt im Wesentlichen in den Grundzügen aus dem Barock, Spätbarock und Klassizismus, die sich in Fachwerk-, Putz- und Natursteinfassaden ausdrücken. Prägend wirkt auch die rote Dacheindeckung. Eine Einbindung der Ortsränder durch die rückwärtig gelegenen Nutzgärten, die Queichaue, die Weinberge und die Topographie schaffen den harmonischen Übergang von bebauter Ortslage zur freien Landschaft. Blickbeziehungen ergeben sich auf die Dorfkirche, in der Wein- und Bismarckstraße sowie von den Höhenlagen auf den in der Bachaue und in den Südhang des Queichtals gelagerten Ort mit seiner Dachlandschaft.
§ 1 definiert den räumlichen Geltungsbereich. § 2 beschreibt, für welche Vorhaben und Maßnahmen die Satzung Anwendung findet. Es folgen die §§ 3 bis 9 mit Vorschriften zur Gestaltung von baulichen Anlagen, Einfriedungen, Werbeanlagen, Außenanlagen, Verkaufs- und Spielautomaten sowie Sonderanlagen. Die §§ 10 und 11 geben Auskunft über Möglichkeiten, von den Festsetzungen dieser Satzung abzuweichen und welche Folgen ein Zuwiderhandeln entgegen örtlicher Bauvorschriften nach sich zieht.
Die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung bezieht sich auf die bebaute Ortslage, mit Ausnahme von den Gebieten, in denen ein Bebauungsplan besteht, der Ortsgemeinde Siebeldingen.
Die Satzung ist anzuwenden bei allen äußeren Veränderungen bestehender baulicher Anlagen, Neubauten, Einfriedungen, Werbeanlagen, Außenanlagen, Verkaufs- und Spielautomaten sowie bei Sonderanlagen. Die Satzung ist vom im öffentlichen Raum, von öffentlichen Straßen, Plätzen und Fußwegen aus, auf das Ortsbild wirkenden und einsehbaren Bereiche, gültig. Bei Bau- und Kulturdenkmälern (Rathaus, Kirche) bzw. der näheren Umgebung sowie im Denkmalensemble, bleiben weitergehende Anforderungen des Denkmalschutzes unberührt. Maßnahmen in direkter Umgebung von Denkmäler sind der Unteren Denkmalschutzbehörde zur Genehmigung vorzulegen.
3.1 Abstandsflächen
Zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung des historischen Orts- und Straßenbildes kann im Einzelfall gestattet bzw. gefordert werden, dass die Abstandsflächen des § 8 LBauO RLP unterschritten werden, jedoch höchstens bis zu dem Wert, der sich aus den bestehenden oder im Fall des Abbruchs aus dem zuvor gegebenen Zustand bestimmt.
3.2 Wärmedämmung
Nachträgliche Wärmedämmung auf der Fassade ist zulässig, wenn die bestehenden Gestaltungselemente (wie z. B. Gesimse, Gewände, Schmuckelemente etc.) und Proportionen erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden.
3.3 Fassaden-Material
Zulässig sind Fassaden aus Putz (glatter oder schwach strukturierter Putz), Naturstein, (roter Sandstein, gelber Sandstein), Backstein, Holz und echtem Holzfachwerk. Fassadenelemente aus Metallblech und Metallverkleidungen sind mit Ausnahme von Dachrinnen, Dachgauben, Traufblech und Fallrohren (in Zink und Kupfer) unzulässig.
3.4 Fassaden-Farbe
Verputzte Fassaden sind in Pastelltönen und gedeckten Farben zu halten. Reine Bunttöne und reines Weiß (RAL 9003) als Farben und Farben mit glänzenden Oberflächen sind unzulässig. Die Farbwahl der Nebengebäude muss mit dem Farbkanon der Gestalt des Hauptgebäudes korrespondieren.
4.1 Dachform
Es sind nur die ortstypischen Dachformen: symmetrisches Satteldach, Krüppelwalmdach, Walmdach und Mansarddach zulässig. Bei Nebenanlagen sind zusätzlich Pultdächer zulässig.
4.2 Dachneigung
Bei symmetrischen Satteldächern und Krüppelwalmdächern ist eine Dachneigung von 35° bis 50° zulässig. Bei Pultdächern ist eine Dachneigung von mindestens 20° zulässig.
4.3 Material
Eine Dacheindeckung ist nur mit engobierten, unglasierten Tonziegeln, Betondachsteinen und Biberschwanzeindeckungen zulässig.
4.4 Farbe
Es sind nur naturrote bis rotbraune Dacheindeckungen zulässig. Die Dächer von Haupt- und Nebengebäuden sind in Farbe und Material aufeinander abzustimmen.
4.5 Gauben und Dacheinschnitte
Der Abstand vom Ortgang muss mindestens 1,0 m betragen. Weiterhin ist nur eine Gaubenform pro Dachseite zulässig. Dachterrassen sind ausnahmsweise im rückwärtigen Bereich (nicht straßenseitig und nicht von der Straße einsehbar) zulässig.
5.1 Art der Einfriedungen
Einfriedungen sind ortstypisch auszuführen und müssen sich der Umgebung anpassen. (z.B. Plastikgeflechte in Stabmattenzäunen sind nicht ortstypisch und daher nicht erlaubt). Vor Erstellung der Einfriedung ist die Genehmigung (formloser Antrag mit Skizze) der Ortsgemeinde einzuholen.
5.2 Tore, Torhäuser, Garagen- und Hoftore
Tore, Torhäuser, Garagen- und Hoftore sind ortstypisch, der Umgebung angepasst auszuführen.
6.1 Anbringung der Werbeanlagen
Werbeanlagen sind so zu gestalten, dass sie sich nach Umfang, Anordnung und Gestaltung dem Bauwerk eindeutig unterordnen. Sie dürfen Gesimse und Gliederungen der Fassade sowie historische Bauteile, Zeichen und Inschriften nicht verdecken.
6.2 Gestaltung der Werbeanlagen
Eine bandartige Werbung auf der Fassade ist nur mit Einzelbuchstaben zulässig. Selbstleuchtende Werbung mit bewegtem, laufendem, blendendem oder blinkendem Licht oder Bildern ist nicht zulässig.
6.3 Genehmigungspflicht der Werbeanlagen
Die Erstellung einer Werbeanlage unter 1 m² ist durch die Ortsgemeinde zu genehmigen. Die Einreichung eines formlosen Antrags mit Skizze (Bild) ist ausreichend.
Gestaltung der Grundstücksflächen Nicht überbaubare, nicht überbaute und unbefestigte Grundstücksflächen sind als Vegetationsflächen (z. B. Rasen, Gräser, Stauden, Kletterpflanzen, Gehölze) anzulegen. Die Gestaltung dieser Flächen mit Schotter, Kies, Glasschotter und ähnlichen Materialien ist nur bis zu 30 % zulässig
Verkaufs- und Spielautomaten müssen sich in die Umgebung einfügen.
9.1 ANLAGEN ZUR NUTZUNG VON SONNENENERGIE
Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie sind der Ortsgemeinde anzuzeigen und sollen sich der Umgebung anpassen (z.B. keine Zaunanlagen aus Solarpanelen).
9.2 Außenantennen
Die Antennen oder Parabolspiegel (Satellitenschüssel) sind in der Dachfarbe auszuführen.
Von den rechtsverbindlichen Festsetzungen dieser Satzung kann gemäß § 69 LBauO RLP eine Abweichung gewährt werden, wenn die Durchführung im Einzelfall zu einer besonderen Härte führe und mit nachbarlichen sowie öffentlichen Interessen vereinbar ist.
Zuwiderhandlungen, vorsätzlich oder fahrlässig, gegen die örtlichen Bauvorschriften werden als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeld bewehrt und unterliegen gemäß § 89 LBauO RLP der Ahndung.
Diese Satzung tritt gem. § 24 Abs. 3 Satz 3 GemO am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Siebeldingen, den 14.12.2021 Peter Klein Ortsbürgermeister
Geltungsbereich: Gesamter Innenbereich